Sehr geehrter Herr Prodekan,

liebe Kolleginnen und Kollegen, 

liebe Studierende, 

liebe Gäste von nah und fern,

ich möchte Sie sehr herzlich begrüßen zum traditionellen Sommerfest der Klassischen Philologie Potsdam, das dieses Jahr ein ganz besonderes ist, weil die Klassische Philologie – inmitten aller Festivitäten zur 25-Jahr-Feier ihrer Universität – selbst stolz und fröhlich ihr immerhin 20-jähriges Bestehen feiert.

Wie lange sind eigentlich 20 Jahre her? Als die Klassische Philologie im Herbst 1995 mit ihren beiden Gründungsprofessuren sozusagen vom Stapel lief, sich in den nächsten Wochen eine Studienordnung gab und zum Sommersemester 1996 schließlich den Lehrbetrieb aufnahm, tat sie das inmitten eines durchaus trubelig verlaufenden Jahres:

1995 wurde Franz Beckenbauer 50, Joshua Kimmich dagegen gerade erst geboren, wurde Jitzchak Rabin in Tel Aviv ermordet, O. J. Simpson hingegen vom Mordvorwurf freigesprochen, wurde das Schengener Abkommen unterzeichnet und gleichzeitig im Jugoslawienkrieg gemordet, wurde Windows 95 auf die Menschheit losgelassen und der Berliner Reichstag von Christo verhüllt, wurde mit BackRub ein Vorläufer von Google ausgetüftelt und das Wort „Multimedia“ von der Gesellschaft für Deutsche Sprache zum Wort des Jahres gewählt, stürzten schließlich spektakuläre Promitrennungen die Welt ins Gefühlschaos: nicht genug mit Charles und Diana – nein, auch die Boyband „Take That“!

Viele von Ihnen haben sicher ihre ganz persönlich geprägten Rückblenden an diese Zeit, abgesehen vielleicht von unseren jüngsten Bachelorstudierenden, bei denen sich die Erinnerungen an 1995/96 eher auf ihre Kindergartenerlebnisse beschränken dürften. Aber was die Gründung und die weitere, trotz mancher Hindernisse ja durchaus erfolgreiche Entwicklung der Klassischen Philologie in Potsdam betrifft, so ist es natürlich am besten, sich zu solchen Anlässen Zeitzeugen ins Haus zu holen, die zurückblicken und zugleich den Bogen zur heutigen Feierstunde schlagen können. Daher hatten Ursula Gärtner und ich bereits bei meinem Antritt als Lehrstuhlvertretung im März diesen Jahres darüber sinniert, wie schön es wäre, zu diesem Anlass alle drei (ja, nur drei!) bisherigen Lehrstuhlinhaber zusammenzubringen; um so mehr freue ich mich, dass wir in Umsetzung dieses Vorhabens nicht nur sie selbst aus Graz zu einem Kurzbesuch wieder hierher zurücklocken konnten, sondern dass auch die beiden ehemaligen Gründungsprofessoren der Klassischen Philologie bzw. Latinistik in Potsdam, nämlich Herr Prof. Dr. Jörg Rüpke und Herr Prof. Dr. Peter Riemer, sich sofort bereiterklärt haben, zur Jubiläumsfeier beizutragen und aus ihren einst hier begonnenen Forschungszweigen bzw. aus ihren persönlichen Erinnerungen an die illustren Anfänge des hiesigen Lehrbetriebs zu berichten. 

Erinnern Sie sich noch? Herr Prof. Dr. Jörg Rüpke war von 1995 bis zum WS 1999/2000 Professor für Latinistik in Potsdam und wechselte dann von hier auf die Professur für Vergleichende Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Europäische Polytheismen an die Universität Erfurt, wo er bis heute lehrt. Er ist dort seit mehreren Jahren Sprecher der DFG-Kollegforschergruppe „Religiöse Individualisierung in historischer Perspektive“ und Stellvertretender Direktor des renommierten Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien. Nach Abschluss seines langjährigen Projekts zur römischen Reichs- und Provinzialreligion beschäftigt er sich nun u.a. mit dem Forschungsthema  „Individuelles religiöses Han-
deln zwischen legitimer Pluralität und Devianz“, in dem es z. B. um anthropologische Konzepte von religio und superstitio geht.

Wir hören ihn heute mit seinem Vortrag „Divi Augusti oder: Wozu braucht man die neuen Götter?“

Herr Prof. Dr. Peter Riemer war ab 1995 Professor für Klassische Philologie in Potsdam, von 1998–2000 auch Dekan der Philosophischen Fakultät und wechselte dann im Sommersemester 2000 auf eine Professur für Klassische Philologie an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken, wo er bis heute lehrt. Sein Forschungsinteresse galt damals wie heute dem griechischen und römischen Drama sowie der lateinischen Literatur der Renaissance, und seine zahlreichen neuen Pub-likationen belegen eindrucksvoll die Breite und Relevanz dieser spannenden Forschungsgebiete.

Herr Riemer konnte es leider aus Termingründen nicht einrichten, hier heute persönlich zu erscheinen, hat aber in enger Absprache mit seinem damaligen Mitarbeiter, Herrn Dr. Eugen Braun, der unserem Institut ja glücklicherweise bis heute erhalten geblieben ist, seine Erinnerungen an die turbulente Anfangszeit zu Papier gebracht und Herrn Braun überzeugen können, diese – erweitert um eigene Eindrücke – hier zu verlesen: „Ein Anfang mit RE und ohne Bleistift: Kuriositäten der ersten Stunde“.

Die dritte im Bunde, Frau Prof. Dr. Ursula Gärtner, muss glücklicherweise auch dem jüngsten Bachelorstudierenden nicht eigens vorgestellt werden, denn sie hat hier von 2001 bis vor wenigen Monaten als seither einzige Lehrstuhlinhaberin für Klassische Philologie gelehrt, bevor sie im März für voraussichtlich fünf Jahre an die Universität Graz gewechselt ist. Neben vielen anderen Autoren wie Quintus Smyrnaeus und Valerius Flaccus gehört ihre Liebe seit mehreren Jahren vor allem den Fabeln des Phaedrus. Dazu hat sie letztes Jahr ein Opus magnum vorgelegt und davon handelt auch ihr heutiger Vortrag mit dem symbolträchtigen Titel „Anfang und Ende“.

Anlässe wie dieser geben darüber hinaus auch Gelegenheit, sich der fruchtbaren Eingebundenheit der Klassischen Philologie in den Fächerverbund der Philosophischen Fakultät erneut bewusst zu werden. Daher wissen wir es sehr zu schätzen, dass sich der Dekan der Fakultät, Herr Prof. Dr. Thomas Brechenmacher, bereiterklärt hatte, ein Grußwort an die Festgesellschaft zu richten. Da er nun unvorhergesehenermaßen erkrankt ist, sind wir umso dankbarer, dass unser Prodekan, Herr Prof. Dr. Johannes Haag, bereit und willens war, kurzfristig für ihn einzuspringen. 

Zum Abschluss noch ein wichtiger Hinweis: Unsere Feierstunde wird nach dem offiziellen Teil ihre fröhliche Fortsetzung in und vor „unserem“ Haus 11 mit zwei weiteren Traditionselementen finden, nämlich dem neuesten Theaterstück des „Grex Potsdamiensis“ und dem anschließenden Sommer-Grill-Fest, aus gegebenem Anlass diesmal mit Public Viewing des EM-Halbfinalspiels Deutschland – Frankreich ab 21 Uhr.

Ich freue mich auf einen schönen Abend in großer, bunter Runde, danke Ihnen für Ihr zahlreiches Kommen und Ihr Interesse und wünsche der Klassischen Philologie Potsdam alles Gute für die weitere Zukunft, deren erste Phase ich ja erfreulicherweise werde selbst miterleben und mitgestalten können. Auf die nächsten 20 Jahre!

 

PD Dr. Nicola Hömke, 7. Juli 2016